Jürgen Rimann

Flaggenführung an Dienstkraftfahrzeugen in Ostdeutschland von 1945 - 1952 (1)

 

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges stützten sich die Alliierten bei der notwendigen Verwaltung Deutschlands auf die bestehenden Strukturen. Hierbei blieben die unteren Verwaltungseinheiten, nämlich die Kreise (Landkreise) und kreisfreien Städte (Stadtkreise) erhalten, ebenso fast alle Regierungsbezirke.

Veränderungen gab es auf der Ebene der Länder und der preußischen Provinzen. Dies hatte zwei Gründe:

1. Die faktische Auflösung des weitaus größten deutschen Landes, nämlich Preußens.

2. Die Einteilung Deutschlands in Besatzungszonen.

 

Dies hatte zwei Folgen:

1. Die preußischen Provinzen wurden selbständige Einheiten, den anderen Ländern entsprechend.

2. Wo die Grenzen der Besatzungszonen eine Verwaltungseinheit zerschnitten, entstanden aus den Teilen wieder neue Einheiten, teils auch durch Angliederung an schon bestehende Einheiten .

Diese neu entstandenen Einheiten entsprachen in ihrer Aufgabenstellung und in ihren exekutiven Kompetenzen denjenigen Ländern, die es schon im Deutschen Reich gegeben hatte und die weiterhin bestanden.

Tatsächlich kann bei dieser neuen Struktur, die Deutschland gegeben wurde, nur von einer reinen Verwaltungsstruktur gesprochen werden. Sie diente nur zur Umsetzung bzw. Ausführung der von der jeweiligen Besatzungsmacht gegebenen Anweisungen. So deutlich läßt sich das aus einem Schreiben entnehmen, in dem der Chef der Sowjetischen Militäradministration (SMAD) zitiert wird. Das Handeln der jeweiligen Instanzen war nicht der Ausfluß eines politischen Willens.

Folgerichtig hießen die Oberhäupter dieser (Länder-)Verwaltungen zuerst "Präsident des Landes ..... / der Landesverwaltung" bzw. noch "Oberpräsident der Provinz ......" und die Leiter der einzelnen Ressorts "Vizepräsidenten" bzw. in den preußischen Provinzen "Generalreferenten". Erst als auch eine Legislative, die Landtage, geschaffen wurden, kam es zu der üblichen Amtsbezeichnung "Ministerpräsident", "Minister" und auch "Landtagspräsident".

Die Struktur, die Deutschland 1945 erhielt, bestand in der sowjetischen Besatzungszone, der späteren DDR, unverändert bis 1952, bis zur Einführung der Bezirkseinteilung, fort.

In den westlichen Besatzungszonen, der späteren Bundesrepublik, gab es schon ab 1946 wieder neue Veränderungen, als die Bundesländer geschaffen wurden, die noch heute bestehen. Ihren Abschluß fand diese Entwicklung durch die Gründung von Baden-Württemberg im Jahre 1952.

Bemerkenswert ist, daß die Veränderungen gegenüber dem Zustand bei Kriegsende in der sowjetischen Besatzungszone gering waren (Zusammenlegung von Vorpommern und Mecklenburg sowie von Anhalt und der preußischen Provinz Sachsen, Eingliederung des preußischen Regierungsbezirks Erfurt nach Thüringen), während von den späteren Bundesländern in den westlichen Besatzungszonen nur Bayern schon vor dem Krieg bestand.

 

Über die Kraftwagenflaggen der nach dem Zweiten Weltkrieg entstandenen Länder der nachmaligen Deutschen Demokratischen Republik, die bis 1952 bestanden, soll hier berichtet werden.

   

Mecklenburg-Vorpommern

Nach dem Befehl Nr. 5 des Obersten Chefs der SMAD vom 9. Juli 1945 war "eine Landesverwaltung für das Verwaltungsgebiet Mecklenburg zu bilden, in desssen Grenzen der Westteil von Pommern - Stadt Stettin ausgenommen - eingeschlossen werden sollte".

Daraufhin nannte sich die Landesregierung "Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern", was ihr Anfang 1947 von der SMAD untersagt wurde mit dem Hinweis, sie sei nur befugt, sich "Landesregierung Mecklenburg" zu nennen, was sie dann auch tat.

 

In Mecklenburg wurden ganz selbstverständlich die alten Farben Blau-Gelb-Rot weitergeführt, wobei sie erst durch die Verfassung des Landes Mecklenburg vom 16.1.1947 rechtlich verbindlich festgelegt wurden.

Zu einer gesetzlichen Regelung von Landeswappen und Landesflagge ist es in Mecklenburg bis zur Auflösung des Landes 1952 nicht gekommen, allerdings hat es eine Reihe von Entwurfen zu Wappen- bzw. Flaggengesetzen gegeben. Tatsächlich sind Wappen und Flaggen in Gebrauch gewesen, auch hat es Flaggen für Dienstkraftwagen gegeben.

 

1946

Flaggen an Kraftwagen müssen damals reichlich und unkontrolliert in Gebrauch gewesen sein, denn am 8.2. 1946 ersuchte der Präsident des Landesregierung den Ministerialdirektor seiner Präsidialabteilung um die Vorlage "einer allgemeinen Verfügung an sämtliche Dienststellen des Landes, daß das Staatswappen in Wimpeln und Standarten nur von den Präsidenten und sonstigen von mir besonders genehmigten Fahrzeugen geführt werden darf". Diese Verfügung erging am 20.2.1946. Tatsächlich folgte dieser Verfügung eine ganze Anzahl von Anträgen, die Führung eines Wimpels an Kraftwagen zu genehmigen.

Erste Überlegungen und Vorarbeiten für die Regelung der Flaggenführung an Dienstkraftfahrzeugen gab es Anfang 1946. Sie mündeten in Entwürfe eines Wappen- und eines Flaggengesetzes im Juni 1946. Der Entwurf des Wappengesetzes muß vor dem Entwurf des Flaggengesetzes entstanden sein, denn im ersteren sind auch noch die Flaggen mitgeregelt. Die Worte "Präsident" und "Vizepräsidenten" sind handschriftlich durch "Ministerpräsident" und "Minister" ersetzt worden. Die Bezeichnungen "Landtagspräsident" und "1. Vizepräsident des Landtages" tauchen erst im Entwurf des Flaggengesetzes auf.

Nach dem Entwurf eines Wappengesetz sollte "das Landeswappen aus einem einmal gespaltenen Schild (bestehen), der rechts in Gold einen schwarzgekrönten (! Anm d. Verf.) Stierkopf mit Halsfell, links in Silber einen nach rechts gerichteten aufrechten roten goldbewehrten Greif zeigt." Dieses Wappen sollte auch in den Flaggen für Staatsgebäude und Staatsfahrzeuge sowie der Dienstkraftwagen, und zwar in der (um 5/9 der Flaggenhöhe) erweiterten Mitte des gelben Streifens stehen.

 

Vorgesehen waren Flaggen für die Dienstkraftwagen

a) gemäß dem Entwurf eines Wappengesetzes:

1. des Präsidenten (Ministerpräsidenten): Viereckig mit silbernem Rand (25 x 35 cm), blau-gelb-rot quergestreift, mit Wappen,

2. der Vizepräsidenten (Minister): wie zu 1., jedoch ohne den silbernen Rand,

3. der Fahrdienstleitung und der Fachabteilungen der Landesverwaltung: Dreieckig (26 x 42 cm), blau-gelb-rot quergestreift, mit Wappen,

4. aller sonstigen Dienststellen der Landesverwaltung: wie zu 3., ohne Wappen,

b) gemäß dem Entwurf eines Flaggengesetzes:

1. des Landtagspräsidenten: Wie oben des Präsidenten (Ministerpräsidenten), jedoch mit goldenem statt silbernem Rand,

2. der Vizepräsidenten des Landtages (gestrichen, ersetzt durch: des 1. Vizepräsidenten): Wie zu 1., jedoch ohne den goldenen Rand (also gleich der Flagge der Minister),

im übrigen die gleichen wie oben im Entwurf eines Wappengesetzes..

Diese beiden Entwürfe sind nie Gesetz geworden.

 

Noch in einem Schreiben vom 19.7.1946 heißt es: "Die Führung von Standern an den Kraftwagen der Landesverwaltung wird in Kürze gesetzlich geregelt werden."

 

Es gibt etliche Hinweis darauf, daß diesen Entwürfen gemäß gehandelt wurde. So wird mit Schreiben vom 22.6.1946 dem Landrat des Kreises Malchin mitgeteilt: "An Ihrem Kraftfahrzeug dürfen Sie nur den durch meine Bestimmung vom heutigen Tage angeordneten Stander (Unterstreichung d. d. Verf.) in den Farben blau-gelb-rot führen."

Ebenfalls mit Schreiben vom 22.6.1946 genehmigte der Präsident des Landes Mecklenburg-Vorpommern, "daß die Dienstkraftwagen der Abteilung für Information einen dreieckigen Stander (Gr. 26 x 42 cm) in den Farben blau-gelb-rot führen. In den gelben Streifen ist ein Schild aufzunehmen, in dem ein schwarzer Stierkopf auf goldenem und ein roter Greif auf silbernem Felde stehen. Das Schild ist senkrecht zu teilen."

In einem Schriftwechsel über die Kraftwagenflagge des Stadttheaters Güstrow heißt es am 4. Juli 1946: "Darf es (das Theater, d. Verf.) nach der im Entwurf vorliegenden Verordnung über das Wappen des Landes Mecklenburg-Vorpommern an seinen Kraftfahrzeugen einen dreieckigen Stander in den Farben blau-gelb-rot führen." und weiter "... wird gebeten, nach der vorliegenden Verordnung ... zu verfahren."

Ob allerdings alle in den Entwürfen genannten Kraftfahrzeugflaggen hergestellt und geführt wurden, läßt sich aus den Unterlagen nicht entnehmen.

 

Ohnehin kann diese Zeitspanne nur kurz gewesen sein, denn schon am 29.7.1946 genehmigte der Präsident des Landes Mecklenburg-Vorpommern der Abteilung Landwirtschaft und Forsten, "daß Ihr Dienstkraftwagen einen dreieckigen ... Stander führt, der in dem zum Kreise erweiterten gelben Streifen den gekrönten Stierkopf zeigt".

 

Mit dem Stierkopf anstelle des nie gesetzlich eingeführten Wappens mit Stierkopf und Greif war die Art der Zeichnung gefunden, die die Kraftwagenflaggen des Landes Mecklenburg(-Vorpommern) bis zum Ende ihres Gebrauchs hatten.

 

Erwähnt werden soll noch, daß das Mecklenburgische Geheime und Haupt-Archiv auf einen Entwurf zu einem Wappen- und Flaggengesetz u.a. mit dem Vorschlag antwortete, eine Dienstflagge für Mecklenburg einzuführen, nämlich die bekannte mit dem Stierkopf, sowie eine für Vorpommern, nämlich eine weiß-rot quergestreifte Flagge, deren roter Streifen in der Mitte einen halbkreisförmigen weißen Ausschnitt zeigt, worin sich ein roter Greif erhebt, der in den weißen Streifen noch hineinragt.

Diese Flaggen sollten von den Staatsgebäuden und Dienstkraftwagen der Verwaltungen der jeweiligen Landesteile geführt werden, während die Staatsgebäude und die Dienstkraftwagen der Gesamtverwaltung Mecklenburg-Vorpommerns beide Flaggen führen sollten. Diesem Vorschlag ist nicht gefolgt worden.

 

1947

Zahlreiche im Landeshauptarchiv Schwerin archivierte Schreiben zeigen, daß der Stierkopf nur in den Kraftwagenflaggen der Landesregierung geführt wurde, während die übrigen Landesbehörden und die Kreise nur den quergestreiften Wimpel ohne Stierkopf führen durften

 

1948

Im Jahre 1948 wurde ein neuer Anlauf zur Schaffung eines Wappen- bzw. Flaggengesetzes unternommen.

 

Der Entwurf des Wappengesetzes (Drucksache Nr. 222) sah als Wappen des Landes Mecklenburg das alte sechsfeldrige Wappen mit Herzschild gemäß des Gesetzes vom 15. Dezember 1921, ergänzt um einen silbernen Schildfuß mit einem roten aufrechten Greif vor. Dieses Wappen sollte auch in den Stempeln der Ministerien zur Beurkundung oder Beglaubigung wichtiger Landesakte geführt werden, ansonsten enthielten die Siegel der Landesbehörden den Stierkopf.

Im Entwurf eines Flaggengesetzes (Drucksache Nr. 223) war als Abzeichen in der Landesflagge für Landesgebäude und Landesfahrzeuge sowie der für Dienstkraftfahrzeuge "der Stierkopf aus dem Landeswappen" vorgesehen.

Es sollten führen: 

1. der Dienskraftwagen des Landtagspräsidenten einen viereckigen blau-gelb-rot quergestreiften Stander mit goldenem Rand (Größe 25 x 35 cm) mit dem Stierkopf,

2. der Dienskraftwagen des Ministerpräsidenten einen gleichen Stander wie unter 1., jedoch mit silbernen statt mit goldenem Rand,

3. die Dienstkraftwagen der Minister einen gleichen Stander wie unter 1., jedoch ohne Rand,

4. die Dienskraftwagen der Landesregierung (Ministerien) einen dreieckigen Stander (Höhe 26 cm, Länge 42 cm), mit Stierkopf,

5. die Dienstkraftwagen aller sonstigen Landesdienststellen einen gleichen Stander wie unter 4., jedoch ohne Stierkopf,

6. die Dienstkraftwagen der Räte der Kreise einen Stander wie unter 4. (also mit Stierkopf),

7. die Dienstkraftwagen der Räte der Städte einen Stander wie unter 4., jedoch mit dem Stadtwappen anstelle des Stierkopfes.

 

Im ersten Entwurf war auch für den Stander des Ministerpräsidenten ein goldener Rand vorgesehen. Ob das mit Absicht geschah zur Gleichstellung von Ministerpräsident und Landtagspräsident oder nur versehentlich, läßt sich nicht erkennen.

 

Neu waren Regelungen für die Stander für die Räte der Kreise bzw. Städte. Aus den Unterlagen läßt sich nicht ersehen, ob Genehmigungen für solche Stander erteilt wurden. Es liegen nur Genehmigungsschreiben aus den Jahren 1946 und 1947 für Stander der Landräte (Blau-gelb-rot ohne Steierkopf) und der Oberbürgermeister bzw. Bürgermeister (Stadtfarben mit Stadtwappen) vor.

 

In der Polizeiverordnung vom 10.1.1949 wurde bestimmt, daß "zur Führung einer Standarte in der blau-gelb-roten Farbe mit dem mecklenburgischen Wappen nur berechtigt (waren):

Der Präsident des Landtages und der I. Vizepräsident,

der Ministerpräsident,

die Minister,

(folgt gestrichen: der Chef der Polizei, der Generalstaatsanwalt).

 

Die Standarten selber waren in der Verordnung nicht beschrieben. Die Bestimmung diente mehr dem Verbot des "wilden" Führens von Kraftfahrzeugflaggen.

Aus einem internen Schriftwechsel anläßlich einer Anfrage von Dr. Neubecker im Herbst 1949 ist zu entnehmen, daß der Landtagspräsident zeitweilig einen schräg gevierten Stander mit goldenem Rand und der 1. Vizepräsident des Landtags einen quergestreiften Stander mit blauem Rand führte.

Der Landtagspräsident führte außerdem einen roten Stander mit der goldenen Inschrift "Landtagspräsident des Landes Mecklenburg" und der Ministerpräsident einen solchen mit der Inschrift "Ministerpräsident des Landes Mecklenburg".

 

Sachsen-Anhalt

Die preußische Provinz Sachsen wurde im Juli 1944 in die Provinzen Magdeburg und Halle-Merseburg aufgeteilt. Diese beiden Provinzen sowie das Land Anhalt wurden von der sowjetischen Besatzungsmacht am 23. Juli 1945 zum neuen Provinz Sachsen vereinigt. Per Landtagsbeschluß vom 3. Dezember 1945 wurde der Name in "Provinz Sachsen-Anhalt" geändert. Nach der Landesverfassung vom 10. Januar 1947 sind die Landesfarben schwarz-gelb. Am 14. Dezember 1947 wurde das Wappengesetz verabschiedet.

Am 5. August 1949 erging eine Durchführungsverordnung zum Wappengesetz, in der Bestimmungen zum Siegel und zur Flaggenführung an Dienstkraftwagen ergingen.Danach führten

- der Präsident des Landtages

- der Ministerpräsident

- die Fachminister

eine rechteckige Standarte (32,5 x 22 cm) in den Landesfarben schwarz und gelb, in der Mitte das Landeswappen.

In einem Schreiben des Ministerpräsidenten vom 2. Dezember 1948 wurde diese Flaggenführung bestätigt, sowie angegeben, daß sich im gelben Feld der Aufdruck "Sachsen-Anhalt" befindet.

In den Unterlagen des Brandenburgischen Landeshauptarchives Potsdam befindet sich eine Aufstellung über die Flaggenführung an Dienstkraftwagen in den Ländern Sachsen, Thüringen und der Provinz Sachsen, die von der brandenburgischen Verwaltung schon am 8. April 1946 gemäß fernmündlicher Feststellung erstellt wurde. Danach führten in Sachsen-Anhalt eine Standarte der Präsident und die Vizepräsidenten. Über diese frühe Flaggenführung ist dem Verfasser sonst nichts bekannt.


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