Hans van Heijningen

Zwischen Borkum und Sylt

Die Wappen und Flaggen der deutschen Watteninseln

Der Nordseeküste vorgelagert liegen zwischen Den Helder und Esbjerg die Friesischen Inseln. Zwischen Den Helder und der Emsmündung heißen sie Westfriesische Inseln (niederld. Waddeneilanden) und gehören zu den Niederlanden, von Borkum bis zur Elbmündung werden sie Ostfriesische Inseln genannt, nördlich davon Nordfriesische Inseln. Von Borkum bis Sylt sind sie deutsch, ab Römö bis zum Ende der Wattenküste sind sie dänisch. Die Inseln haben kulturell, historisch und wirtschaftlich Vieles gemeinsam.

Im folgenden werden zunächst die Wappen und Flaggen der deutschen Watteninseln und ihrer Gemeinden vorgestellt. Danach wird der Frage nachgegangen, warum von den niederländischen Inseln schon seit dem 17 Jhd. Flaggen und Wappen bekannt sind, von den deutschen aber erst seit dem Ende des 19 Jhd.

Borkum

Das Wappen ist gespalten von Grün und Silber, vorn übereinander zwei silberne Wale, hinten ein wachsender roter Leuchtturm über fünf blauen gleichlaufenden Wellenlinien; auf dem Turm eine schwarze Bake; oberhalb des Schildes ein goldenes Band mit schwarzer Inschrift: MEDIIS TRANQUILLUS IN UNDIS (= ruhig inmitten der Wogen).

Die Flagge zeigt in Grün ein weißes Kreuz, deren Arme die Breite von 3/13 der Flaggenhöhe haben; im oberen Eck am Liek befinden sich drei waagerechte Streifen schwarz - rot - blau; auf dem Schnittpunkt der Kreuzarme eine kreisförmige blaue Scheibe mit einem Durchmesser von etwa der halben Flaggenhöhe, darauf ein roter Leuchtturm, von dem beiderseits gelbe Leuchtbündel ausgehen; der Turm steht auf einem schwebenden grünen Hügel, mit weißem Wellenbalken darunter; . auf breitem weißem Scheibenrand in Schwarz der Satz MEDIIS TRANQUILLUS IN UNDIS

Das Wappen wurde 1951 verliehen. Darin symbolisieren die Wale den früher bedeutenden Walfang. Der Leuchtturm ist der alte Leuchtturm von Borkum und die Wellen deuten auf die Nordsee. Der Leuchtturm geht auf ein altes Kirchensiegel zurück, das auch in die Borkumer Flagge aufgenommen wurde. Die Farben Grün und Weiß im vorderen Schildteil sind zweifellos den Farben der Flagge entliehen, denn die Flagge gab es schon 20 Jahre früher. Sie wurde am 28. September 1929 festgelegt und am 31. Juli 1930 erstmals am Borkumer Strand gehißt. Der Lehrer Jakob Everts Teerling hatte sie entworfen. Die grüne Farbe des Tuches symbolisiert die 'Grüne Insel', wie Borkum um 1930 noch genannt wurde. Das weiße Kreuz deutet auf die Reinheit des weißen Strandes und der gesunden Luft hin. Das Schwarz - Rot - Blau ist die ostfriesische Flagge und steht für Ernst, Liebe und Treue. Der Kreis mit dem alten Wahlspruch ist dem alten Kirchensiegel Borkums entnommen.

Juist

Das Wappen zeigt in Blau drei goldene Dünen; in den oberen Ecken je ein sechszackiges silbernes Sporenrad, unten vier silberne Wellenleisten.

Die Flagge besteht aus drei gleich breiten Streifen weiß - blau - gelb mit dem etwas zum Liek verschobenen Gemeindewappen.

Das Wappen symbolisiert die Insellandschaft, indem es auf ein seit langem benutztes Siegel der Evangelischen Kirchengemeinde Juist zurückgreift, das ebenfalls eine Dünenlandschaft zeigt. Die zwei silbernen Sporenräder weisen auf die frühere Zugehörigkeit zum Landkreis Norden, hin. Im Wappen der Kreishauptstadt gibt es drei goldene Sporenräder. Der Entwerfer des Juister Wappens, Alf Depser, hat jedoch aus ästhetischen Gründen die Sporenräder in Silber ausgeführt. Vor der Nazizeit führte Juist inoffiziell ein unheraldisches Wappen mit drei silbernen Dünen.

Norderney

Das Wappen zeigt in Silber einen blauen Schildfuß, belegt mit zwei schmalen silbernen Wellenleisten, daraus wachsend eine silberne Düne mit schwarzer Landmarke.

Norderney ist eine der wenigen Gemeinden, die zwei Flaggen führt.

Die "Kleine Flagge":

Sechs gleich breite Streifen blau - weiß, am Liek in einer Breite von 1/3 der Flaggenhöhe geschacht in Schwarz-Weiß.

Die "Große Flagge":

Sechs gleich breite Streifen blau - weiß, belegt - etwas zum Liek verschoben- mit dem Gemeindewappen.

Das am 10. Juli 1928 vom Preußischen Staatsministerium verliehene Wappen wurde von dem Norderneyer Kunstmaler Poppo Folkerts entworfen. Die Wellen, die schon auf einem Siegel des vorigen Jhd. zu sehen sind, stehen für die Nordsee, der Hügel für die Dünen und die Landmarke für das "Kap", ein altes Wahrzeichen der Insel, das den Schiffern zur Orientierung diente.

1928 war der Schild blau, 1951 erfolgte die Änderung in Silber, "da ein schwarzes Kap auf Blau" unzulässig war. Damit kam allerdings die silberne Düne auf ein silbernes Feld, was gestalterisch auch nicht sehr geschickt ist. Auf die Mauerkrone, die sich vorher über dem Schild befand, wurde verzichtet.

Die große Flagge ist heute Dienstflagge der Gemeinde Norderney. Sie wird selten gehißt und ist deshalb den Insulanern nahezu unbekannt.). Die kleine Flagge ist dagegen häufiger zu sehen, z.B. auf der Fähre Norddeich - Norderney. Beide Flaggen entstanden 1928

Baltrum

Das Wappen zeigt in Blau auf einem goldenen Dreiberg einen goldenen Glockengalgen mit einer goldenen Glocke, beseitet von je einem goldenen sechszackigen Sporenrad.

Die Flagge besteht aus zwei gleich breiten Streifen blau - gelb, gelegentlich auch mit aufgelegtem Wappen.

Das Wappen wurde 1960 verliehen. Als Hauptfigur wurde der Glockengalgen gewählt, der schon etwa 160 Jahre das Wahrzeichen der Insel bildete. Die Sporenräder stammen aus dem Wappen der Häuptlingsfamilie Idzinga. Sie weisen auch auf die Zugehörigkeit Baltrums zum Landkreis Norden, auf dessen Wappen sich ebenfalls Sporenräder befinden.

Langeoog

Langeoog hat weder ein offizielles Wappen noch eine Flagge. Der Gemeinderat hat am 16 März 1946 ein Wappen angenommen, das wie folgt beschrieben wird: "In Ultramarinblau zwei venezianisch rote Segel auf sich überschlagenden weißen Wogen und drei schwebende altgoldene Möwen. Ein solches Wappen war schon auf dem Fähnlein des örtlichen Turn- und Sportvereins zu sehen.

Langeoog führt eine inoffizielle Inselflagge, die aus drei gleich breiten Streifen schwarz - rot - blau besteht und mit einem großen weißen "L" belegt ist. Es ist die Flagge der Reederei Esens, die von der Gemeinde 1927 aufgekauft wurde und am 16. März 1946 gesetzlich geschützt wurde. Die Farben der Flagge sind die ostfriesischen.

Spiekeroog

Das Wappen zeigt in Blau ein auf silbernen Wellen linkshin segelndes zweimastiges goldenes Schiff mit silbernen Segeln und Flaggen.

Das Schiff, das ein Symbol für den Handel mit den Niederlanden darstellt, hat die Form einer fahrenden mittelalterlichen Kogge. Das Wappen wurde 1968 angenommen. Blau und Gold sind die Wappenfarben der Stadt Wittmund, dem Sitz des Landkreises Wittmund, dem Spiekeroog angehört. Die Gemeinde Spiekeroog hat keine Flagge.

Wangerooge

Das Wappen zeigt in Gold erniedrigt einen blauen, oben dornenförmigen Wellenbalken belegt mit zwei gleichartigen silbernen Wellenbalken, aus dem Schildfuß wachsend und den Wellenbalken überdeckend einen roten Turm mit drei blauen Spitzenhauben, deren mittlere herausragt; der Turm belegt mit einem blauen Wappenschild, darin ein goldener, rot bewehrter und rechtsgewendeter Löwe.

Die Flagge besteht aus zwei gleich breiten Streifen blau - rot; in der Mitte mit dem Wappen belegt.

Das Wappen wurde am 10 Juli 1974 vom Gemeinderat angenommen und am 20 Juni 1975 vom Präsidenten des niedersächsischen Verwaltungsbezirks Oldenburg genehmigt.

Die Farbgebung ist typisch oldenburgisch, d.h. rot - blau und rot - gelb. Die Turm stellt den alten Westturm dar, das Wahrzeichen der Insel, dessen Grundstein 1597 gelegt wurde und 1624 durch den Einbau einer Leuchtanlage zum ersten Leuchtturm der Deutschen Nordseeküste wurde. Das Löwenschild weist auf die Zugehörigkeit Wangerooges zum Kreis Friesland (früher Landkreis Jever bzw. Jeverland) hin. Die Flaggenfarben Blau - Rot sind die Farben des Landes Oldenburg, zu dem die Insel bis 1945 gehörte.

Amt Pellworm

Das Amt Pellworm besteht aus der Insel Pellworm und einer Reihe von Halligen, die einst ein großes zusammenhängendes Gebiet bildeten, das 1634 einer schweren Sturmflut zum Opfer fiel.

Das Wappen des Amtes zeigt in Silber auf blauem Wellenschildfuß einen grünen Balken, darauf stehend eine rote Turmruine, beseitet rechts von einem abnehmenden Mond, links von einem sechszackigen Stern.

Das Wappen der Gemeinde Pellworm zeigt in Silber auf blauem Wellenschildfuß einen grünen Balken, darauf stehend eine rote Turmruine, beseitet von je einer schwarzen fliegenden Möwe, und einer über dem Turm.

Das Wappen der Gemeinde Hooge zeigt in Blau einen aufrechten goldenen Anker.

Eine Beschreibung der Symbolik dieser Wappen ist nicht bekannt, allein von der Turmruine weiß man, daß sie den alten Kirchturm von Pellworm dar stellt.

Weder das Amt noch die dazugehörigen Gemeinden führen eine Flagge..

Wyk auf Föhr

Das Wappen zeigt in Rot über blauen Wellen mit silbernen Kämmen einen goldenen Dreimaster ohne Segel und einen goldenen sechtszackigen Stern über dem Hauptmast; auf goldenem Band unter dem Schild in schwarzen Buchstaben der Spruch: INCERTUM QUO FATA FERUNT (= Ungewiß ist, wohin das Schicksal treibt).

Die Flagge besteht aus fünf waagerechten Streifen blau - gelb - rot - gelb - blau im Verhältnis 4:3:50:3:4, mit dem Wappenbild (ohne Schild) auf dem roten Streifen.

Wappen und Flagge, von dem Heraldiker W.H. Lippert aus Brunsbüttelkoog entworfen, wurde am 29 Juni 1956 genehmigt. Das Wappen geht auf ein altes Siegel zurück, das in heraldisch korrekter Form ein havariertes Schiff des 17. Jhd. zeigt und damit auf die Gefahren der Seefahrt hinweist, denen die Walfischfänger von Föhr ausgesetzt waren.

Sylt

Westerland

Das Wappen zeigt in Silber aus blauen und silbernen Wogen aufsteigend einen roten Leuchtturm mit goldenen Fenstern in der Laterne, von der beidseitig drei Strahlenbündel zu den seitlichen Schildrändern ausgehen; jedes bestehend aus abwechselnd roten und goldenen Strahlen; dem Turm aufgelegt ein von Silber und Blau geteiltes Schild, darin unten ein silberner Hering.

Die Flagge besteht aus drei waagerechten Streifen blau - weiß - blau, im Verhältnis von 1:7:1; der weiße Streifen ist mit leicht abgewandeltem Bild aus dem Stadtwappen belegt, wobei die vom Leuchtturm ausgehenden drei rot - gelben Strahlenbündel beiderseits bis zum Saum der Flagge reichen und der Schildfuß durch zwei blaue Wellenbalken ersetzt ist.

Nachdem der Fischerort Westerland 1905 in den Stadtrang erhoben wurde, verlieh König Wilhelm II. von Preußen der Stadt am 26 Februar 1907 ein Wappen: Das Wappen wurde in leicht stilistisch abgewandelter Form am 24 November 1955 bestätigt. Der Leuchtturm ist das Symbol der Stadt und der Schiffahrt; die Wellen deuten auf die Nordsee. Das Lehnschild erinnert an ein Siegel der Insel Sylt aus dem 18. Jhd. und zeigt einen Hering (dänisch "Sild" = Hering).

Wenningstedt-Braderup

Das Wappen: ist wellenförmig schräglinks geteilt: 1) In Rot eine aus der Teilungslinie wachsendes goldenes Wikingerboot, dessen Vordersteven in einem Drachenkopf mit schwarzer herausgeschlagener, pfeilförmiger Zunge endet; 2) In Silber zwei blaue schräglinke Wellenbalken.

Die Flagge zeigt auf gelbem Tuch das Wappenschild, etwas zum Liek verschoben.

Das Wappen und die Flagge sind vom Gemeinderat am 1 Oktober 1985 angenommen. worden. Das Wikingerboot soll die große Verbundenheit der (Sylter) Friesen mit dem Meer darstellen. Die silber - blauen Wellen symbolisieren nicht nur die Brandung der Nordsee, sondern auch den Kampf der Einwohner mit dem Meer. Die Farben Gold - Rot - Blau und Silber - Rot - Blau wurden von den Farben Sylts bzw. des Landes Schleswig-Holstein übernommen.

List

Das Wappen ist geteilt: oben in Silber blaue Wellen, daraus wachsend ein blauer Wal; unten in Grün eine silberner Kompaß mit 16-fach unterteiltem schwarz - silbernem Rand, dessen schwarze Nadel auf den Kopf des Wales zeigt.

Die Flagge besteht aus zwei gleich breiten Streifen grün - weiß, belegt mit dem etwas zum Liek verschobenen Gemeindewappen.

Das Wappen wurde am 31 August 1948 von der Landesregierung Schleswig-Holstein bestätigt, die Flagge am 21 Februar 1979. Der Wappenentwurf stammt von Professor Aereboe, der sich in den Jahren 1930 - 1939 als Leiter von Grabungsarbeiten um die Erforschung der Geschichte der Gemeinde List Verdienste erworben hatte. Das Wappen erinnert daran, daß die Gründer des Ortes, die sich auf dem flachen Wiesengelände unmittelbar bei dem gut schiffbaren Lister Tief ansiedelten, Walfänger waren.

Kampen

Das Wappen zeigt in Blau eine silberne sechsblättrige Stranddistel.

Die Flagge besteht aus neun gleich breiten Wellenstreifen blau - weiß, im Obereck am Liek, das die ersten fünf Streifen überdeckt, in Blau die weiße Stranddistel aus dem Wappen.

Das Wappen ist am 31. Januar 1979 von der Landesregierung Schleswig-Holstein bestätigt worden, die Flagge am 16. Oktober 1979. Das Wappen wurde von Hans Eickert entworfen, die Flagge von H.F. Kühne, einem Grafiker aus Barsbüttel bei Hamburg. Letzterer hatte sechs Entwürfe vorgelegt, von denen, meiner Meinung nach, fünf hervorragend waren.

Hörnum

Das Wappen zeigt über blauem Schildfuß, darin ein linksgewendetes goldenes Muschelhorn, in Gold einen roten Leuchtturm mit silberner Mittelteil, von dessen Laterne beidseitig Blitzsignale in Form vierstrahliger roter Sterne ausgehen.

Die Flagge besteht aus zwei gleich breiten Streifen gelb - blau mit den Figuren aus dem Wappen: im blauen Streifen das gelbe Muschelhorn, über ihm in den gelben Streifen wachsend der rot - weiß - rote Leuchtturm, beseitet von jeweils zwei vierstrahligen roten Sternen.

Das Wappen wurde am 4. August 1982 von der Landesregierung Schleswig-Holstein bestätigt, die Flagge am 24. Oktober 1984. Es ist nicht bekannt wer das Wappen entworfen hat, die Flagge zeichnete der Grafiker Hubertus Jessel aus Westerland.

Die übrigen deutschen Watteninseln sowie die nicht erwähnten Gemeinden führen keine eigenen Wappen oder Flaggen.

Nachbetrachtung

Die Wappen und Flaggen der deutschen Watteninseln sind fast alle erst im 20. Jhd. entstanden. Lediglich einige Kirchensiegel der Inselgemeinden sind aus früherer Zeit bekannt. Der Unterschied zu den niederländischen Watteninseln ist deswegen bemerkenswert, denn die Wappen und Flaggen der niederländischen Watteninseln sind immerhin einige Jahrhunderte alt, so zum Beispiel die der selbständigen Inselgemeinden Texel, Vlieland, Terschelling, Ameland und Schiermonnikoog. Zwar sind die Flaggen zum Teil häufig geändert worden. Von manchen Inseln sind vier oder fünf verschiedene Flaggen aus alten Flaggentafeln und -büchern bekannt geworden. Heute hat jede niederländische Watteninselgemeinde ein Wappen, verliehen von der Königin, und eine Flagge, festgelegt durch Gemeinderatsbeschluß. Es wurden dabei immer, nach gründlicher Untersuchung, auf alte traditionelle Wappen- und Flaggenmuster Rücksicht genommen.

Der niederländische Flaggenkundler Klaes Sierksma schreibt den Unterschied in der Flaggenführung zwischen den niederländischen und deutschen Watteninseln dem Umstand zu, daß "die meisten Inseln im deutschen Wattenmeer jahrhundertelang eine nahezu unbemerkte Existenz als bäuerliche Siedlungen führten. Sierksma spricht auch von der "isolierten Lage" der deutschen Inseln. Die niederländischen Inseln lagen an den Handelswegen der Städte an der Zuijderzee, so auch an denen von Amsterdam. Deren Schiffe mußten bis zum Ende des 19. Jhd. zwischen den Watteninseln durchfahren um auf die Nordsee zu kommen, was natürlich positive Auswirkungen für die wirtschaftliche Entwicklung der Inseln hatte.

Ich finde diese Erklärung nicht einleuchtend, denn auch die Handelswege der deutschen Städte Emden und Norden verliefen zwischen den Watteninseln. Zumindest für Borkum, Juist und Norderney waren die geografischen Bedingungen genauso günstig wie für die niederländischen Inseln. Emden, Norden und Knyphausen führten auch Flaggen, die weit vor 1900 bekannt waren. Für Baltrum, Langeoog, Spiekeroog und Wangerooge waren die geografischen Bedingungen tatsächlich viel ungünstiger. Das Küstenland, dem sie vorgelagert sind, besaß keine Häfen und war lange Zeit wirtschaftlich unterentwickelt. Die Bevölkerung der größeren nordfriesischen Inseln Amrum, Föhr und Sylt dagegen betrieben ausgiebig Walfang. Ihre Schiffe hätten durchaus Flagge zeigen können.

Meiner Meinung nach sind die Gründe für die fehlende Flaggen- und Wappenhistorie der deutschen Watteninseln mehr in der politischen als in ihrer wirtschaftlichen und geografischen Situation zu suchen. Der mächtige Hanse-Verbund, mit Städten wie Hamburg, Bremen und Lübeck, versuchte den Überseehandel der Friesen einzuschränken. Bremen bemühte sich die Wesermündung zu kontrollieren, und Hamburg die Elbmündung.

Die frühesten Flaggen der niederländischen Inseln werden Anfang des 17. Jhd. bekannt, als der mächtige Handelsstaat "Republik der Sieben Vereinigten Niederlande" in .seiner Hochblüte stand. Damals bekamen sogar die kleinsten Herren und Orte eigene Wappen. Zu gleicher Zeit waren die Gebiete zwischen der Emsmündung und Esbjerg unter zahlreichen Kleinstaaten aufgeteilt, wie die Hauptmannschaft Ostfriesland, Inn- und Knyphausen, Dithmarschen, Oldenburg, Holstein, Schleswig. Im Laufe der Zeit kamen alle diese Gebiete, mit Ausnahme von Oldenburg, zu Preußen. Seit 1870 waren alle deutschen Watteninseln, außer Wangerooge, das von Oldenburg beherrscht wurde, in preußischem Besitz. Das Königreich Preußen und das Großherzogtum Oldenburg waren zentralistisch organisiert und duldeten keine Eigenständigkeit der Gemeinden. Diese Politik kann eine zentrale Festlegung von Flaggen und Wappen, mit Ausnahme bei einigen Städten verhindert haben. Deshalb sind auch keine großen Flaggentafeln aus dieser Zeit bekannt geworden.

Auf den Inseln gab es noch keine Städte. Erst im ersten Jahrzehnt des 20. Jhd. bekamen Orte wie Wyk auf Föhr und Westerland auf Sylt den Stadtrang, Norderney 1948 und Borkum erst 1950. Preußen und Oldenburg verboten den Landgemeinden eigene Flaggen und Wappen zu führen; sie sollten alle das Staatssiegel mit dem Staatswappen (z.B. den preußischen Adler) führen. Erst nach der Auflösung von Preußen und Oldenburg nach Ende des zweiten Weltkrieges haben allmählich auch die Gemeinden auf den Watteninseln Wappen angenommen. Dennoch haben noch immer einige Inselgemeinden weder ein eigenes Wappen noch eine eigene Flagge.

Gerade als die Republik der Sieben Vereinigten Niederlande auf dem Höhepunkt ihrer Entwicklung (der 'Gouden Eeuw') stand, hat der Dreißigjährige Krieg (1618-1648) große Teile Deutschlands verwüstet.. Dadurch ist möglicherweise viel Archivmaterial verloren gegangen. Auch das kann ein Grund für das Fehlen deutscher Publikationen großer Flaggentafeln und - bücher sein.


Zurück zur Hauptseite Zurück zu "Veröffentlichungen" Zurück zum Seitenanfang